Beschlussvorlage - VO/AA 19/22/123

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Der Amtsausschuss stellt fest, dass für die Vergabe und den Abschluss von leitungsgebundenen Energielieferverträgen (hier insbesondere Strom und Erdgas), die der Versorgung gemeindlicher Einrichtungen dienen, als Geschäft der laufenden Verwaltung gemäß § 127 Abs. 1 Satz 2 der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern das Amt zuständig ist. Die Verwaltung wird beauftragt, das erforderliche Ausschreibungsverfahren zum nächstmöglichen Zeitpunkt über ein externes Dienstleistungsunternehmen vorzubereiten.

 

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Sachverhalt

Die derzeit gültigen Lieferverträge aller Gemeinden mit dem regionalen Grundversorger E.ON enden sämtlich mit Ablauf des 31.12.2024. Diese Verträge wurden zuletzt im Jahr 2021 ohne ein erforderliches Vergabeverfahren abgeschlossen. Dies erfolgte, da es bezüglich dieser Verträge die verschiedensten Laufzeiten gab. Der Neuabschluss wurde in Absprache mit E.ON so koordiniert, dass nunmehr alle Verträge einheitlich zu einem, nämlich dem genannten Zeitpunkt endet. Die Entscheidung wurde 2021 im Einvernehmen mit der Verwaltungsleitung getroffen, um eine einheitliche Vergabe der Lieferverträge aller Gemeinden zu ermöglichen; zum einen aus Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen (höhere Liefermengen lassen bessere Preise erhoffen), zum anderen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung (besser ein Vergabeverfahren alle paar Jahre für alle Gemeinden als in jedem Jahr ein Vergabeverfahren für nur ein Teil der Gemeinden). 

Für den Abschluss von Energielieferverträgen ist das Amt zuständig, weil dies gemäß § 127 Abs. 1 Satz 2 KV M-V eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung ist. Unter den Begriff der Angelegenheit der laufenden Verwaltung fallen die Vorgänge, die in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr vorkommen und die zugleich nach Größe, Verwaltungstätigkeit und Finanzkraft der Gemeinde von sachlich weniger erheblicher Bedeutung sind (VG HGW 3 A 1725/12 nach Schröder u.a. in Kommunalverfassungsrecht M-V Nr. 4.2 zu § 127). Damit fallen in die Entscheidungskompetenz des Amtes alle Verwaltungsgeschäfte, die eng mit dem Vorhalten einer behördlichen Einrichtung verbunden sind, wie der Erlass von Verwaltungsakten und Widerspruchsbescheiden, die Verwaltung gemeindlicher Einrichtungen, die Durchführung von fiskalischen Angelegenheiten der Gemeinde und Protokollführung (Schröder u.a., ebenda).

Der Abschluss von Energielieferverträgen im Zuständigkeitsbereich des Amtes Demmin-Land dient ausschließlich der Versorgung kommunaler Einrichtungen wie z.B.

-          Straßenbeleuchtung

-          Dorfgemeinschaftshäuser

-          Gemeindeeigene Wohnungen

-          Schulen

-          Kindertagesstätten

-          Verwaltungsgebäude Goethestraße 43

-          Trauerhallen auf Friedhöfen (teilweise)

-          Campingplatz

-          Wasserwanderrastplätze (teilweise)

Aus der Entscheidung der amtsangehörigen Gemeinde, eine bestimmte kommunale Einrichtung vorzuhalten bzw. zu betreiben, folgt bis zu einer gegenteiligen Entscheidung konsequenterweise auch die Notwendigkeit, diese Einrichtung zu betreiben. Aus der Ausstattung der jeweiligen Einrichtung mit einem Energieversorgungssystem (Strom- oder Heizkreislauf) folgt logisch und konsequent auch die Notwendigkeit, diesem System die entsprechenden Energieträger zuzuführen. Energielieferverträge werden regelmäßig zeitlich befristet abgeschlossen bzw. mit einer jährlichen Beendigungsmöglichkeit. Daher kehren Vergabe und Abschluss entsprechender Verträge auch regelmäßig wieder. Im Ergebnis ist hier eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung anzunehmen.

Auch die Regelung des § 127 Abs. 1 Satz 3 KV-MV, wonach die gesetzliche Aufgabenübertragung bei Angelegenheiten der laufenden Verwaltung nicht Kraft Gesetzes gilt, wenn es sich um Angelegenheiten von geringer wirtschaftlicher Bedeutung handelt, steht dem vorliegend nicht entgegen. Das Gesetz gibt keine konkreten Anhaltspunkte vor, was Angelegenheiten geringer wirtschaftlicher Bedeutung sind. Das Landgericht Rostock hat in einem Urteil vom 26.4.2007 (4 O 260/06) entschieden, dass z.B. die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht für Gemeindestraßen dem Amt obliegt und keine Angelegenheit von geringer wirtschaftlicher Bedeutung ist, allerdings ohne dies näher und anhand von konkreten Zahlen zu begründen (openJur 2012, 54104, Rdn. 24). In Anbetracht der Tatsache, dass in den Jahren 2021 und 2022 für alle kommunalen Verbrauchsstellen Beträge von je knapp unter 250.000 € für Gas und Strom an den örtlichen Versorger gezahlt wurden, wird man davon ausgehen können, dass es sich nicht mehr um eine Angelegenheit von geringer wirtschaftlicher Bedeutung handelt.

In Anbetracht der Jahresbeträge für 2020 und 2021 von jeweils knapp unter 250.000 € wird wahrscheinlich eine europaweite Ausschreibung der Lieferverträge erforderlich werden. Derzeit beträgt der Schwellenwert für europaweite Ausschreibungen 214.000 € (ohne Mehrwertsteuer). Um eine hohe Rechtssicherheit für dieses Verfahren zu gewährleisten, wird empfohlen, sich hierfür eines externen Dienstleisters zu bedienen, wie dies auch zahlreiche andere Verwaltungen handhaben (z.B. die Hansestadt Demmin). 

 

Auf der vergangenen Sitzung hatte der Amtsausschuss eine Entscheidung zu diesem Tagesordnungspunkt vertagt. Nach Auskunft des Leitenden Verwaltungsbeamten wurde dies vor allem damit begründet, dass sich einzelne Gemeinden noch über Beteiligungsmodelle nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und dem Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (BüGembeteilG) informieren wollten. Hierzu von Seiten der Verwaltung Folgendes:

 

Gemeinden können für neu zu errichtende Windenergieanlagen im Umkreis von 2,5km und Solarparks auf dem Gemeindegebiet Zahlungen nach §6 EEG auf freiwilliger Basis erhalten. Die Betreiber können bis zu 0,2 Cent pro tatsächlich eingespeister kWh an die Gemeinden zahlen. Sofern die Anlagen nach EEG gefördert sind, kann sich der Betreiber die Zahlung vom Netzbetreiber erstatten lassen.

 

Aus dem BüGembeteilG M-V ergibt sich hingegen eine verpflichtende Beteiligung von Gemeinden und Einwohnern, jedoch nur an neu errichteten Windenergieanlagen an Land. Kern des Gesetzes ist eine Gesellschaftsbeteiligung. Der Vorhabenträger hat den Kaufberechtigten (Gemeinden und Einwohnern im Umkreis von 5 km) mindestens 20 Prozent der Anteile an der Gesellschaft zum Kauf zu offerieren.

Alternativ sieht das Gesetz auch eine Ausgleichsabgabe für die Gemeinden oder ein Sparprodukt für die Einwohner vor. Mittlerweile wird die Beteiligungsverpflichtung jedoch meist über eine Ausnahmeregelung in § 1 Abs. 3 umgesetzt. Der Betreiber erstellt ein Konzept zur anderweitigen Beteiligung, meist in freiwilliger Kooperation mit der Gemeinde (und Einwohnern). Dieses muss dem Zweck des Gesetzes entsprechen und bedarf der Genehmigung durch das Wirtschaftsministerium M-V. Beispiele für diese alternativen Beteiligungskonzepte können wie folgt aussehen:

Zuwendung an die Gemeinden im Umkreis von 2,5km nach §6 EEG mit bis zu 0,2 Cent/kWh und zusätzliche Beteiligungsangebote (z.B. Unterstützung/Sponsoring für Vereine, Feuerwehr, Veranstaltungen, Kitaverpflegung, Zuwendungen für Gemeinden für Projekte, vergünstigter Stromtarif, Sparprodukte für Bürger, gesellschaftliche Beteiligung (Bürgerwindpark)). Einen Anspruch auf bestimmte Angebote (z.B. günstiger Stromtarif) hat die Gemeinde nicht.

Sollte ein solches anderweitiges Beteiligungskonzept genehmigt werden, ist dies für den Vorhabenträger bindend. Die Vorgaben des BügembeteilG gelten damit als erfüllt.

 

Eine Änderung für Altanlagen tritt zum 01.01.2023 in Kraft. Danach können die Betreiber auch bereits bestehender Wind- oder Solarparks ab 01.01.2023 auf freiwilliger Basis Zahlungen nach § 6 EEG (bis 0,2 Cent /kwh) an die Gemeinde entrichten. Es bietet sich an, die Betreiber auf diese Möglichkeit (freiwilliger Zahlungen) direkt anzusprechen.

 

Die Zuwendungen nach § 6 EEG führen nicht zur Minderung von Schlüsselzuweisungen;  Gewerbesteuereinnahmen hingegen schon. Die Gewerbesteuer wird für neue Anlagen nach dem Zerlegungsmaßstab 90/10 zerlegt (90% Standortgemeinde/10% Bruttolohnsumme).

 

Die LEKA M-V, eine landeseigene Einrichtung, bietet zu dem komplexen Thema auch Informationsveranstaltungen für die Gemeinden und Ämter an. Eine Präsentation zum Thema BüGembeteilG sowie ein Handout zum § 6 EEG (kürzlich anlässlich BA-Sitzung Borrentin) sind der Vorlage zur Information beigefügt. Auch auf der Homepage (www.leka-mv.de) können viele Informationen entnommen werden.

Die LEKA M-V sieht erfahrungsgemäß jedoch kaum Interesse der Betreiber, lokale, günstigere Stromtarife anzubieten, weil in der Regel neben dem Windparkbetreiber ein Energieversorger nötig ist, der einen entsprechenden Tarif entwickelt und anbietet. Ein Anspruch auf ein Angebot für einen lokalen Stromtarif für die Gemeinden besteht nicht.

 

Im Nachbarlandkreis ist durch Fairwind Deutschland GmbH zusammen mit den Stadtwerken Loitz für 3 errichtete Windenergieanlagen bei Völschow ein lokaler Stromtarif für einen Umkreis von 3,5km um die WEA herum entwickelt worden. Diesen können derzeit jedoch nur Kunden mit einem Jahresverbrauch von < 10.000 kWh in Anspruch nehmen. Gemeinden können hier also nicht profitieren.

 

Selbst wenn lokale Stromtarife vorhanden sind, entbindet dies die Gemeinden/Amt dennoch nicht von der Ausschreibungspflicht nach den Vorschriften des Vergabegesetzes M-V und der Unterschwellenvergabeordnung.

 

 

 

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Finanz. Auswirkung

Derzeit keine; etwaige Kosten für einen externen Dienstleister sind in den Amtshaushalt 2024 eingestellt.

 

 

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Anlagen

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